Hochschule & Wissenschaft

Als die Corona-Krise im März über uns hereinbrach schlummerten die Hochschulen noch in der Semesterpause. Das war ihr Glück: Sie konnten den Vorlesungsbeginn verschieben ohne den Semesterstart real zu verschieben und so wertvolle Zeit gewinnen, um den Hochschulbetrieb unter geänderten Rahmenbedingungen neu zu ordnen. Seit dem 20. April läuft die Lehre an den meisten Hochschulen bundesweit wieder – meist digital. Bis auf wenige Ausnahmen wird sich das auch für den Rest des Semester so gestalten – ein Grund dafür, dass sich immer mehr Hochschulen dafür entscheiden, dieses Semester nicht zu werten und Prüfungen auf freiwilliger Basis durchführen.

Die Bedingungen für eine corona-gerechte Lehre waren vergleichsweise günstig: Die meisten Hochschulen verfügen über eine eigene IT-Infrastruktur, sind ans „Deutsche Forschungsnetz“ angeschlossen und setzten schon vor Corona in vielen Fachbereichen digitale Lehrkonzepte ein. Studierende und Lehrende waren bereits vor der Krise gleichermaßen an digitalen Austausch in Ergänzung zum klassischen Lehrbetrieb gewöhnt. Manch einer witzelte schon vor der Krise, dass Vorlesungen bestenfalls noch zur sozialen Interaktion zwischen den Studierenden dienen würden. Spätestens jetzt wird jedoch klar, wie wichtig der soziale Kontakt für ein erfolgreiches Studium ist.

Doch nicht alles lief im Hochschulbetrieb so glatt: Insbesondere Studierende, die sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten, stehen durch fristlose Kündigungen vor dem Nichts.  Während in vielen Bereichen staatliche Hilfen greifen, sieht Anja Karliczek als zuständige Bundesministerin tatenlos zu. Bislang konnte weder eine Öffnung des BAföGs, noch der Grundsicherung für notleidende Studierende mit Einkommensausfällen erreicht werden. Außerdem ist nicht sichergestellt, dass alle Studierende Zugang zu digitalen Endgeräten und einem entsprechenden Internetzugang haben. Vor der Krise nutzbare PC-Pools in den Hochschulen und Bibliotheken sowie hochschuleigenes Wlan fallen für all jene weg, die für eine aktive Teilhabe dringend auf diese Angebote angewiesen sind. Auch hier zeigt sich: Corona trifft die Schwächsten und beeinträchtigt die soziale Inklusion.

Corona zeigt uns, …

Studienfinanzierung

…dass die Studienfinanzierung ein heilloser Flickenteppich ohne Sicherungsnetz ist.

Studierende und die Finanzierung ihres Lebensunterhalts sind durch den corona-bedingten Lockdown besonders getroffen, da sich mehr als zwei Drittel der Studierenden über einen Nebenjob finanzieren. Diese Nebenjobs sind zu großen Teilen in der Gastronomie oder dem Tourismus angesiedelt – Bereiche, die besonders von der Corona-Krise getroffen sind. Gerade diese Nebentätigkeiten sind jedoch in der Regel geringfügig, d.h. ein Anspruch auf Kurzarbeiter:innengeld besteht nicht. Ein Weg in die Grundsicherung ist ohnehin ausgeschlossen, auch während der Corona-Zeit.

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Befristungen

…dass Befristungen scheiße sind – egal ob als Mitarbeiter:in oder Student:in.

Eine Pandemie interessiert sich herzlich wenig für Semesterrhythmen. Durch den Ausbruch mitten im Semesterwechsel waren auch viele Jobs im Wissenschaftsbereich gefährdet, da Verträge häufig bis zum Semesterende befristet sind. Viele dürften aufgeatmet haben, als die meisten Hochschulen verkündeten, die Arbeitsverhältnisse anstandslos um ein Semester zu verlängern. Dennoch wird ein Problem deutlich: Befristungen führen zu Unsicherheiten in der Zukunft.

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Kinder

…dass Kinderkriegen ein Armutsrisiko bleibt.

Durch Corona ist eine Gruppe besonders betroffen: die Kinder. Sie können nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen, müssen ohne ihre Freund*innen leben und können häufig nicht einmal draußen spielen. Die Betreuung der gestressten Kinder stellt auch für Eltern an Hochschulen eine große Herausforderung dar. Insbesondere Alleinerziehende sind mit der Kinderbetreuung auf sich allein gestellt. Den Job oder das Studium im Homeoffice trotz Kindern zu bewältigen, ist oft schlicht und einfach unmöglich.

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IT-Infrastruktur

…dass die Hochschulen über stabile IT-Infrastruktur mit gutem IT-Personal verfügen und die Basis für gute Open-Source-Software sind.

Mit Hochdruck wurde vom befristet angestellten Personal in der Semesterpause daran gearbeitet, die Lehre von einem teil- auf einen volldigitalen Betrieb umzustellen. Mit Spannung und einiger Skepsis wurde das Ergebnis von den Studierenden erwartet. Das erste Zwischenfazit: Es läuft überraschend gut. Was hat an den Hochschulen geklappt, woran die Schulen gescheitert sind? Was kann gegebenenfalls übertragen werden?

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Digitale Lehre

…dass der Übergang zur digitalen Lehre zwar gut funktioniert hat, die Didaktik aber zu wünschen übrig lässt.

Was die Hochschulen an IT-Grundlagen haben, fehlt ihnen jedoch im didaktischen Bereich. Schon vor der Krise ist Lehre eher ein Abfallprodukt der Forschung gewesen. Was eigentlich als Transferbereich zwischen Forschenden und Lernenden gedacht ist, verkommt schnell zu sich jährlich 1:1 wiederholenden Massenveranstaltungen. Die meisten Dozierenden eignen sich ihre Lehrmethoden autodidaktisch an, maßgeblich geprägt durch eigene Erfahrungen im Jahre zurückliegenden Studium.

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Freies Wissen

…dass Zugang zu Wissen frei sein muss.

Die zeitweise Schließung der Bibliotheken ist im Lehr- und Forschungsalltag massiv spürbar. Neben dem wegfallenden Zugang zu den immensen Präsenzbeständen vor Ort fehlen insbesondere Arbeitsplätze und -räume. Ironischerweise fällt mit der Schließung auch der Zugang zu manch digitalem Medium weg, bspw. in dem ein eBook nur an ausgewählten Rechnern der Bibliothek gelesen werden darf, aber nicht an mehr als 10 gleichzeitig. Die Verlage haben vor der Krise immer neue absurde Lizenzmodelle geschaffen, um ihre Daseinsberechtigung zu untermauern. Nach der Krise muss der Fokus noch stärker auf Open-Access liegen!

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Beteiligung

…dass Beteiligung von Studierenden sich lohnt.

Die treibende Kraft an Hochschulen sind Studierende. Sie werden in Gremien gehört, haben eine relevante Stimme und können ihre Ideen einbringen, entfalten und umsetzen. Durch die beständige demokratisierte Berücksichtigung der Menschen, die am Puls der Zeit leben, sind Hochschulen flexibel, modern und besser für Krisen vorbereitet. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Bestrebungen, studentische Beteiligung einzuschränken und Entscheidungen auf Rektorate oder sogar einzelne Leitungspersonen zu delegieren.

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Schrankenfreies Studium

…dass ein schrankenloses Studium die beste Krisenvorbereitung ist.

Die allerorten geforderten und immer häufiger eingeführten Corona-Semester zeigen, dass mehr Flexibilität im Studium durchaus schnell und spontan möglich ist. Obwohl das Semester an vielen Hochschulen somit faktisch freiwillig geworden ist, nimmt die überwältigende Mehrheit der Studierenden, die die Möglichkeit haben, an Lehrveranstaltungen teil und wird auch Prüfungen ablegen. Die zentrale Erkenntnis daraus: Studierende studieren freiwillig und weil sie einen Abschluss erhalten wollen, nicht weil es restriktive Hochschulgesetze gibt, die versuchen irgendwelche Schranken und Grenzen im Studium zu ziehen.

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